In unsicheren Verhältnissen @taz

Dalva ist neun Jahre alt und bewahrt auf ihrem Nachttisch zwischen Heiligenfiguren und Kerzen zwei Zähne und den abgeschnittenen Zopf ihrer toten Mutter auf. Dalvas Tante versucht einen Liebeszauber, um ihren untreuen Verlobten zurückzugewinnen. Sie sticht sich mit einer Nadel in den Finger, lässt ein paar Tropfen Blut in ein Wasserglas fallen, steckt ein Heiligenfigürchen kopfüber in das Glas und murmelt einige Worte. Dalvas Vater arbeitet nachts auf dem Bau; als sich einer seiner Kollegen aus dem Rohbau in den Tod stürzt, versinkt der Vater mehr und mehr in Erschöpfung, Hoffnungslosigkeit und dem Wahn, vom Geist des Verstorbenen heimgesucht zu werden.

„A Sombra do Pai“ (dt. „Im Schatten des Vaters“) ist ein Film der brasilianischen Filmemacherin Gabriela Amaral Almeida und wird auf dem „Final Girls Horrorfilm Festival Berlin“ zu sehen sein, das vom 6. bis 9. Februar im City Kino Wedding, in der Panke und im gr_und project space stattfindet.

Wie viele der Filme auf dem Festivalprogramm ist „A Sombra do Pai“ weniger ein Horrorfilm mit klassischen Gruseleffekten, eher zeigt er den wirklichen Horror eines kindlichen Lebens in unsicheren und prekären Verhältnissen. Dalva versucht sich zwischen überforderten Erwachsenen, die sich kaum um sie kümmern können, das Leben zu erklären. Sie füllt die Dinge um sich herum mit Magie und Bedeutung. Sie will ihre Mutter wieder zum Leben erwecken, indem sie deren Zähne in ein Glas mit Erde pflanzt, Zaubersprüche erfindet, und sie möchte über Gläserrücken mit Geistern in Verbindung treten.

Elinor Lewy